• Am 3. Juni 2019

Gnadenstuhl

Es ist ein Replikat des Gnadenstuhls von Riemenschneider und wurde dem Hersberg gestiftet.

Aus der Reihe Klassiker der Kunst, Joachim Hotz: Tilman Riemenschneider,

Lizenzausgabe mit Genehmigung der Schuler Verlagsgesellschaft mbH München , für die deutsche Buchgemeinschaft C. A. Koch’s Verlag Nachf., Berlin,Darmstad, Wien 1977:

Als kräftige Gestalt, nicht als Greis, thront Gottvater und hält behutsam den Leichnam Christi. Seine Gesichtszüge mit den hohen Brauen sind von der Nachdenklichkeit über den Opfertod des Sohnes geprägt. Der Kopf Christi ist zur rechten Schulter hingesunken, das Haupt des Vaters neigt sich ein wenig in diese Richtung. Die erschlafften Arme und Beine Christi verdeutlichen die Anstrengungen seines Leidens und Sterbens.

Mantel und Krone Gottvaters und das Lendentuch Christi sind vergoldet, Dornenkrone und Haar sind braun gefasst, das Inkarnat naturnahe wiedergegeben.

Riemenschneider, der wohl die Art der Fassung bestimmte, verzichtete auf eine fahle Totenfarbe für den Leichnam; und das Blut der Wunden ist mit großer Zurückhaltung angedeutet. Alles Laute, allzu Expressive lag dem Meister fern.

Als Einzelbildwerk, etwa als Andachtsfigur, war der Gnadenstuhl (der durch die Geisttaube zur hl. Dreifaltigkeit ergänzt wurde) nicht üblich.

Hier boten die Vespergruppen, bei denen Maria den toten Christus hält, Gelegenheit zu demütiger Verehrung.

Der Gnadenstuhl war Altarbestandteil gemäß der alttestamentlichen Anweisung für die Bundeslade: „du sollst den Gnadenthron oben auf die Lade tun“ (2 Mose 25,21).

Der Gnadenstuhl – oder der Schmerzensmann – standen im Gesprenge vieler gotischer Altäre als Hinweis auf die Erlösung durch Christus.

Riemenschneider schuf auch einen Gnadenstuhl, der sich in Münnerstadt befindet, für das Gesprenge des dortigen Altares.

Die hier gezeigte Arbeit stammt wohl ebenfalls aus einem Altar. Der großformatige Gewandstil und das plastische Empfinden sind für Riemenschneiders Werke der Spätzeit charakteristisch. Die Größe von Oberkörper und Haupt Gottvaters lässt die einstige Aufstellung hoch oben im Gesprenge vermuten. Über die Herkunft ist nichts bekannt. Die beachtliche Höhe von 185 cm lässt annehmen, dass das zugehörige Altarwerk größer war als die Altäre von Rothenburg und Creglingen. In der Pfarrkirche eines würzburgischen Landstädtchens stand es wohl kaum; ehe ließe sich an eine Würzburger Stiftskirche oder eines der reichen mainfränkischen Klöster denken.“  – Seite 66